DIE Grundsportart Turnen
17. Januar 2017
MEINEL/SCHNABEL beschreiben in ihrem Grundsatzwerk „Bewegungslehre-Sportmotorik“
die „Grundtätigkeiten der Alltagsmotorik“ und meinen damit die bekannten Tätigkeiten
wie Laufen, Stützen, Drücken, Rutschen, Springen und vielem mehr. Das sind
„Bewegungsfertigkeiten, die Kinder auf der Grundlage ihrer angeborenen
Körperfunktions- und Baumerkmale sowie Reflexen OHNE ANLEITUNG beherrschen
beziehungsweise erlernen“.
Daraus lässt sich ableiten, dass die Grundsportarten die Sportarten sind, deren
Bewegungsfertigkeiten sich direkt aus den Grundtätigkeiten der Alltagsmotorik ohne
Anleitung entwickeln. Dazu zählen Turnen/Gerätturnen, Leichtathletik, Schwimmen und
kindliche Spiele mit Bällen (nicht jedoch Sportspiele).
Warum sollen nun Kinder diese genannten Sportarten betreiben?
Für die Entwicklung der Qualität der Bewegungssteuerung sind fünf fundamentale
koordinative Fähigkeiten verantwortliche Reaktionsfähigkeit, Rhythmusfähigkeit,
Differenzierungsfähigkeit (vor allem kinästhetische), räumliche Orientierungsfähigkeit und
Gleichgewichtsfähigkeit (Hirtz; Greifswald 1989). Mit Ausnahme der räumlichen
Orientierungsfähigkeit liegt das optimale Alter, die anderen vier Fähigkeiten zu
entwickeln, etwa vom fünften Lebensjahr bis zum Beginn der Pubertät. Was in dieser Zeit
versäumt wird, kann später nur mit erheblichem zeitlichem Mehraufwand oder gar nicht
mehr erreicht werden!
Warum sollen Kinder Turnen/Gerätturnen?
Weiteres Ergebnis der Forschung war, dass Fähigkeiten nur über Fertigkeiten entwickelt
werden können. Je nach Umfang und Kraftanforderung durch die jeweiligen Fertigkeiten
wird auch die Entwicklung der Kraft- und Beweglichkeit (konditionellen Fähigkeiten) stark
beeinflusst. Die entscheidende Frage ist nun, warum sollen Kindern Turnen/Gerätturnen?
Eine Studie in Kanada, in der ca. 15 Sportarten untersucht wurden, um Aufschluss über
den Anteil zur Entwicklung der koordinativen Fähigkeiten in diesen Sportarten zu
gewinnen (noch nicht abgeschlossen) ergab, dass „gymnastics“ (Turnen) den mit Abstand
höchsten %-Anteil aufweist (ca. 85%). Dies hängt mit der enormen Vielfalt der
Bewegungs- und Positionserfahrung zusammen, die Kinder im Turnen/Gerätturnen
gewinnen können. Zudem spielt das relativ frühe Alter, von dem ab die Bewegungen des
Turnens ge- und erlernt werden können (eben ab dem 5. Lebensjahr) eine entscheidende
Rolle. Das Erlernen von Bewegungen (ob fein- oder grobmotorisch) erfolgt über die Nerv-
Muskelsteuerung, das Zentralnervensystem (Gehirn). Je häufiger die räumliche und
zeitliche Steuerung einer Aktion (Bewegung) durchgeführt (trainiert) wird, desto präziser
und qualitativ hochwertiger wird die Bewegung sein, unabhängig davon, ob man seine
Finger und Hände (wie zum Beispiel bei einem Musikinstrument oder seinen ganzen
Körper oder Teile davon) bewegt.
Da auch die einfachsten „Strukturtechniken“ des Gerätturnens wie Auf- und
Umschwingen, Rollen, Überschlagen, Felgen usw. von exakten räumlichen, zeitlichen
Steuerungen der Aktionen mit entsprechendem Krafteinsatz abhängig sind, um Erfolg zu
haben, kann durch Turnen/Gerätturnen die Entwicklung der koordinativen und
konditionellen Fähigkeiten bei Kindern im genannten Alter massgeblich verbessert
werden.
Hinzu kommt der Reiz „Kunststücke“ zu beherrschen, „kopfunten“ zu stehen, kurzzeitig zu
„fliegen“, d.h. gewichtslos zu sein, der für Kinder emotional und damit auch motivational
durch das Turnen/Gerätturnen erreicht werden kann.
Was sagen bekannte Menschen über den Stellenwert des Turnens?
Triathlon-Olympia-Siegerin Kate Allen: "Mich hielt der Turnvirus gefangen. Energie für das
Training fehlte mir nie und auch in meiner Freizeit war ich nur allzuoft zwischen den
Geräten zu finden. Am Pferdsprung gewann ich sogar eine australische
Provinzmeisterschaft."
Handball-"Guru" Gunnar Prokop: "Das Wichtigste ist, dass die Kinder sich wieder bewegen
lernen. Dazu brauchen wir in der Schule mehr Gerätturnen, Laufen und Springen".
Ex-Skiflug-Weltrekordler Andi Goldberger: "Hätte ich als Kind mehr geturnt, dann hätte
ich mir später viele anstrengende Trainingseinheiten erspart!"
2facher Österreich-Rundfahrt-Sieger Gerrit Glomser: "Als ehemaliger Leistungsturner
habe ich mir auch am Rad leichter getan."
Vielfacher Rallye-Weltmeister Sebastian Loeb: "Bis zum 16. Lebensjahr war ich
Kunstturner. Das hat mir den Wechsel zum Rallyesport erleichtert. Ich kann mein Auto
besser steuern, weil ich Turnen trainiert habe."
Vorstandsvorsitzender Eintracht Frankfurt Heribert Bruchhagen: "Miro Klose hat so eine
super Koordination, weil er als Kind im Turnverein war. An dieser Körperschulung und
Flexibilität müssen wir arbeiten. Ich rate jedem acht-, zehnjährigen Jungen, dass er nach
dem Fussballtraining noch zwei Stunden zum Turnen geht. Es reicht nicht, wenn ich
viermal die Woche zwei Stunden Fussball trainiere. Die körperlich am besten
ausgebildeten Kinder kommen aus kleinen Vereinen mit einer Turnhalle, wo sie an jedem
einzelnen Tag damit konfrontiert werden."
Hans Krankls legendärer Aufruf gegen eine geplante Kürzung der Turnstunden: "De soin
kürzn de Mathematikstundn, de soin kürzn die Lateinstundn - wer braucht Latein? Heit
muass ma no imma leanen Latein fia de Matura - Schwochsinn! Turnen - dann san unsere
Kinda ned dick, Turnen, dann san unsere Kinda gesund (...) Dann erspart sich der Staat
viel Geld für Dicke, für Blade, für Pulverl, für wos was i olles..."
(Quelle Kurt Knirsch - Referat STB-Fachtagung Gerätturnen am 19.2.2005 in Stuttgart
und ÖTB Turnverein Linz)
2016-2024 ZGtv © zuger turnverband
2016-2024 ZGtv © zuger turnverband
2016-2024 ZGtv © zuger turnverband
2016-2024 ZGtv © zuger turnverband
2016-2024 ZGtv © zuger turnverband
2016-2024 ZGtv © zuger turnverband